Initiative Tabu Suizid e. V.
Düsseldorf

Auszeichnungen

2016

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,


ich freue mich sehr, heute einen Verein im Namen der SPD Düsseldorf auszeichnen zu können, der für seine Arbeit in einem Bereich geehrt wird, welcher im besonderen Maße Aufmerksamkeit verdient, gerade weil er davon viel zu wenig hat und es um ein gesellschaftliches Tabuthema geht.


Zum Leben und den Herausforderungen, denen wir uns fortlaufend stellen müssen, gehören oft auch Leid, Sorgen und Probleme – bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Aus Krisensituationen gehen wir in der Regel gestärkt hervor und nehmen fast immer etwas Wichtiges für unser Leben mit.
Viele Menschen haben zum Glück eine große Widerstandskraft, können mit Konflikten und Krisen gut umgehen und stehen wieder auf, wenn sie im Leben gefallen sind. Menschen, die schwierige Situationen bewältigen, entwickeln Strategien, die ihnen helfen Schwieriges zu meistern und aus einer Krise eigenständig den Weg heraus zu finden.


Was ist aber mit den Menschen, die keinen Ausweg mehr sehen, die keine Lösungen für ihre Probleme erkennen können, die sich in einer - aus ihrer ganz eigenen Sicht - aussichtslosen Lebenssituation befinden und nicht mehr weiter wissen? Für diese Menschen kann ein Gedanke dann bestimmend werden, der am Ende auch zu einer verzweifelten Entscheidung führen kann. Eine Entscheidung, die diesen Menschen die erhoffte und ersehnte Erlösung aus einer Lebenssituation bringt, die sie anderweitig nicht mehr selber und ohne Hilfe lösen können. Und genau an diesem Punkt, wenn ein Mensch die fatale Entscheidung trifft sein Leben
selber zu beenden und einen Suizid zu begehen, wird aus einer einsamen, verzweifelten Entscheidung großes und schmerzhaftes Leid für viele weitere Menschen.
Fassungslosigkeit, Schmerz, Trauer, Wut und oft auch verheerende seelische Folgen sind die schrecklichen Auswirkungen für Familie, Partner, Angehörige, für Freunde, für Arbeitskollegen, für alleMenschen, die einen geliebten und geschätzten Menschen in diesem Moment verlieren.


So individuell wie die Leidensgeschichte der Suizidopfer sind auch die Reaktionen und die Trauerarbeit der Menschen, die mit diesem schlimmen Ereignis konfrontiert werden. In meinen Gesprächen, die ich privat als Freund oder Kollege geführt habe sowie aus meinen beruflich als Politiker und auch gerade als Verkehrspolitiker, der insbesondere für einen sicheren Luftverkehr zuständig ist, geführten Gesprächen habe ich solches Leid, solche unvorstellbaren und regelrecht schockierenden Erlebnisse und Geschichten erzählt und berichtet bekommen. Oft steckte mir dabei regelrecht ein Kloß im Hals, weil ich selber durch diese Erzählungen spüren konnte, wie groß das Leid, wie groß die Fassungslosigkeit über den Suizid eines Angehörigen, eines Freundes oder gut bekannten Menschen sind, aber auch von Menschen, denen man bedingungslos vertraut ist.


Der Wunsch, mit einem Suizid und den drastischen Folgen nicht alleine gelassen zu werden, geht für diejenigen, die zurück bleiben und betroffen sind, leider oft nicht in Erfüllung. Die Erfahrung, alleine mit seiner Trauer, mit dem Erlebten zu sein, kann traumatisierend sein. Es treten besonders häufig Schuldgefühle bei den Hinterbliebenen auf, die sich mitverantwortlich fühlen und dabei das Gefühl haben, etwas versäumt oder unterlassen zu haben. Sie glauben oft, dass der Suizid durch mehr Zuwendung hätte verhindert werden können. "Warum hat sie, warum hat er mir das angetan?" – Diese quälende Frage brennt sich ein und die eigene Wut wird damit zum Ausdruck gebracht.


Die Folge können Depressionen sein, die eine notwendige Aufarbeitung erschweren oder auch unmöglich machen und die Betroffenen ein Leben lang die Folgen spüren. Und genau an diesem Punkt, wenn Betroffene akut Hilfe benötigen, ist es gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich ehrenamtlich kümmern.
Wir werfen heute den Blick auf das ehrenamtliche Engagement und hier in Düsseldorf, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es einen Verein, der sich genau diesem Thema Suizid und der Präventions- und Unterstützungsarbeit widmet. Einen Verein, dessen Mitglieder sich für einen offenen Umgang mit dem Thema Suizid -ohne unnötige oder sogar sinnlose Hemmschwellen- einsetzen. Der Verein „Tabu Suizid“ attestiert in seiner praktischen Arbeit, dass unsere gesamte
Gesellschaft das Thema Suizid und Psychische Erkrankungen zu lange totgeschwiegen und aus Angst und Scham ignoriert haben. Der Verein kämpft seit 6 Jahren als eingetragener Verein und schon seit zehn Jahren mit seiner Selbsthilfegruppe und mit seinem Engagement gegen „die Mauer des Schweigens“ und tritt für einen offenen, bewussten, unterstützenden und enttabuisierten Umgang mit dem Thema Suizid ein.


Dabei steht die Präventionsarbeit ganz oben auf der Agenda, denn mit jedem Suizid, der verhindert werden kann, wird nicht nur ein Leben gerettet, es wird weiteres Leid der Angehörigen und Freunde verhindert. Der Verein kämpft dafür, dass die Suizidprävention als gesellschaftliche Aufgabe mehr anerkannt wird und das Thema Suizid aus dem Schatten heraus kommt, welcher aus falscher Scham, Unwissenheit oder Angst vor Ausgrenzung über das Thema Suizid gelegt wird.
Seit 2009 findet jährlich ein Thementag statt, der mittlerweile nicht nur von Betroffenen und Angehörigen besucht wird, sondern auch gerne von Fachpersonal wie z.B. Pflegekräften, Therapeuten, Heilpraktikern und auch jungen Ärztinnen und Ärzten. Das vom Verein erstellte Informationsmaterial ist kostenlos, es wird rein aus Spenden und Fördermitteln finanziert.


Der Verein hat in Düsseldorf und über die Stadtgrenze hinaus ein gutes Netzwerk aufgebaut. Er ist dabei keine öffentliche Beratungsstelle für von Krisen betroffene Menschen, aber er kann diese und ihre Angehörigen schnell an die bestehenden Hilfseinrichtungen vermitteln oder bei der Suche danach behilflich sein.
Für von Suizid Betroffene bietet „Tabu Suizid“ einen geschützten Rahmen und steht diesen mit telefonischer Beratung und einer Selbsthilfegruppe vom ersten Tag an zur Seite.


Auch wenn der Suizid bereits vor vielen Jahren geschah und er durch ein plötzliches Ereignis wieder sehr belastend wird, sind die Betroffenen in der Gruppe herzlich willkommen. Es gibt Gruppenteilnehmer, die erst nach 20 oder 30 Jahren zu der Gruppe gekommen sind. Für viele wird eine Selbsthilfegruppe zu einer „emotionalen Heimat". Der Austausch unter Gleichbetroffenen, - die Selbsthilfe -, wird oft von Gruppenteilnehmerinnen und Teilnehmer als „wichtigste heilsame Erfahrung“ bezeichnet. Ein genereller Erfahrungswert aber bleibt und zeigt, wie wichtig die Aufarbeitung ist:
Ein Suizid in der Familie begleitet die Angehörigen oft ein Leben lang.


Die ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder und das Wirken des Vereins fordert uns alle dazu auf, gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass unser gesellschaftliches Miteinander im Hier und Jetzt und in auch der Zukunft gelingen kann um im entscheidenden Moment unter Umständen eine Stütze sein oder zumindest andere heranziehen zu können, um Nicht- Wiederumkehrbares zu verhindern.


Der Wunsch und die Botschaft von „Tabu Suizid“ ist, dass ein hohes Maß an Eigenverantwortung, Mut und Initiative für jeden von uns notwendig ist, damit in Zukunft jeder offen und ehrlich über die Themen psychische Erkrankungen und Suizid sprechen kann. Die beispielhafte Arbeit des Vereines „Tabu Suizid“ gibt jetzt Anlass, ausdrücklich geehrt zu werden und sowohl die Jury als auch die gesamte SPD-Düsseldorf möchte das mit dem Ehrenamtspreis in der Kategorie Gesellschaftspolitik zum Ausdruck bringen.


In dieser Kategorie werden Gruppen, Projekte oder Initiativen ausgezeichnet, die mit ihrem Engagement wichtige gesellschaftspolitische Fragen ins öffentliche Bewusstsein rücken.

Und das tun Sie, liebe Frau Reichmann Schmidt, mit ihrem Verein „Tabu Suizid“ in wirklich herausragender Art und Weise.


Ich danke Ihnen herzlich im Namen der SPD Düsseldorf, im Namen unserer Mitglieder für ihr Engagement und besonders Ihnen stellvertretend für den gesamten Verein und ihren Mitgliedern. Mit dieser Auszeichnung stellen wir uns an Ihre Seite um Ihre Arbeit wertzuschätzen und die Hochachtung zu verleihen, die sie aus unserer Sicht verdient hat.


Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,
der Ehrenamtspreis in der Kategorie Gesellschaftspolitik geht diese Jahr an: den Düsseldorfer Verein Tabu Suizid e.V.


Laudatio – Tabu Suizid e.V. - Andreas Rimkus, MdB / Vorsitzender der SPD Düsseldorf
[es gilt das gesprocheneWort!]



Video Ehrenamtspreis SPD  Düsseldorf 2016

https://www.facebook.com/andreasrimkusmdb/videos/1009107562459650/ 





2019

Im Dezember 2019 wurde unserer 1. Vorsitzenden von Herrn Oberbürgermeister Thomas Geisel für ihren  jahrelangen ehrenamtlichen  Einsatz in besonderer Weise zum Wohl der Bürger*innen der Martinstaler der Stadt Düsseldorf verliehen.






13.03.2023 Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland


Renate Reichmann-Schmidt ist im Düsseldorfer Rathaus die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen worden. Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller hat ihr die Auszeichnung im Rahmen eines Empfangs überreicht.


Auszug aus der Vorschlagsbegründung (es gilt das gesprochene Wort):


Renate Reichmann-Schmidt hat durch ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement in der Selbsthilfe für Hinterbliebene von Suizidopfern auszeichnungswürdige Verdienste erworben. Sie ist verheiratet. Bis zu ihrem Renteneintritt 2010 war sie als Sachbearbeiterin bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank tätig.
Im Jahr 2006 gründete Renate Reichmann-Schmidt die Selbsthilfegruppe "Tabu Suizid für Hinterbliebene von Suizid", deren Leitung sie bis 2011 innehatte. Im Jahr 2010 folgte die Gründung des Vereins "Initiative Tabu Suizid e.V.", um sich mit den Facheinrichtungen in Düsseldorf gezielter der Prävention von Suizid und der Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen zu widmen. Zusätzlich setzte sie sich ein, um Hilfsangebote für Menschen in suizidalen Krisen bekannter zu machen und Betroffene zu ermutigen, diese anzunehmen. Frau Reichmann-Schmidt ist Vorsitzende des Vereins und engagiert sich in der Öffentlichkeitsarbeit und durch die Organisation von Workshops und Seminaren. Ebenso steht sie für die Betroffenen persönlich als Ansprechpartnerin bereit, indem sie Beratung und Unterstützung per E-Mail, Telefon oder vor Ort anbietet.
Renate Reichmann-Schmidt initiierte 2010 im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit den Druck eines Flugblattes mit Hilfsangeboten. Diese Informationsschrift wurde so gut angenommen, dass das Gesundheitsamt Düsseldorf diese Idee übernahm und sie den Bürgerinnen und Bürgern bis heute zur Verfügung stellt.
Ein weiteres Projekt, das durch den Verein und das Engagement von Frau Reich-mann-Schmidt aktuell initiiert wird, ist eine Gedenktafel für Suizidopfer, die erste Erinnerungstafel dieser Art in Deutschland. Die Düsseldorfer "Initiative Tabu Suizid-e.V." will damit einen Ort des Abschieds und der Trauer für Angehörige schaffen.
Seit 2012 ist Renate Reichmann-Schmidt als Vertreterin für psychisch kranke Menschen im "Beirat zur Förderung der Belange von Menschen mit Behinderung" der Landeshauptstadt Düsseldorf engagiert, in dem sie seit 2017 auch Mitglied des Vorstandes ist.
Im Jahr 2013 übernahm Frau Reichmann-Schmidt auch die Angehörigenvertretung im Arbeitskreis "Seelische Gesundheit" der Düsseldorfer Selbsthilfe. Außerdem ist sie seit 2014 Vorstandsmitglied der "Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) Düsseldorf".
Renate Reichmann-Schmidt leistet bei dem immer noch tabuisierten Thema Suizid eine herausragende Aufklärungsarbeit. Hierbei schafft sie für Hinterbliebene nicht nur eine Anlaufstelle, sondern sorgt auch dafür, dass die Themen Suizid und psychische Erkrankungen zum Gesprächsthema werden und aus der Tabuzone herauskommen, so dass für Betroffene Unterstützungen ermöglicht werden.
Für ihr herausragendes Engagement wurde Frau Reichmann-Schmidt 2019 mit dem "Martinstaler" der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet.


Fotos © Landeshauptstadt Düsseldorf/Wilfried Meyer